Medienkompetenz 2017

Wer sich umfassend informieren möchte, muss heute oft crossmedial unterwegs sein und darf sich nicht ausschließlich auf eine Quelle verlassen. Ich möchte das einmal an einem aktuelle Beispiel demonstrieren, weil ich es für so kennzeichnend halte. SPON macht den Anfang und bringt diese tolle Geschichte.

Wir lesen: Bande liefert Mädchen in Sexpartys. Und im Artikel weiter: Massenhafter Kindesmissbrauch mithilfe krimineller Banden ist in England kein Einzelfall. Als unbedarfter Lese denke ich natürlich: „Zur Hölle, was ist da los in England? Habe ich die kriminelle Energie von Tommy Two-Knife und Liam „The Rambler“ Bancroft unterschätzt?“ Gott sei Dank fällt mir im letzten Moment auf, dass Spiegel die Kommentarfunktion für den Artikel abgeschaltet hat, was nach einer umfassenden Heise-Recherche aus dem Frühjahr 2017 ein Hinweis darauf ist, dass der Artikel einen „heiklen“ Gegenstand im Themenfeld zwischen „Syrien, Afghanistan oder der Flüchtlingskrise“ behandelt, zu dem SPON keine weiteren Kommentare wünscht. Siehe hier.

Mein Anfangsverdacht wird bestätigt, als ich Spiegel Online verlasse, um ein englisches Medien-Pendant aufzusuchen. Und siehe da, die BBC informiert mich, dass es sich um eine „Asian Sex Gang“ gehandelt habe. Und endlich weiß ich: „Verdammte Vietnamesen, richtig üble Gesellen“. Dann erinnere ich mich, dass „Asian“ in England gerne für jene Herkunftsgruppen mit Wurzeln jenseits des Urals verwendet wird, die einmal unter englischer Kolonialherrschaft standen.

~ von 21ghostwriters - 2017/08/10.

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